18 Apr ICH-Trieb
Der Ich-Trieb setzt sich aus zwei Faktoren zusammen, wobei jeder Faktor dialektisch eine Polarität aufweist. Der eine Faktor, der mit k bezeichnet wird, ist einerseits der Faktor des Habens (k+) , der Strebens nach Besitz, nach materiellen Gütern, nach Macht und Ausdehnung des Selbst. Andererseits (als -k) ist k der Faktor der Einengung, der Anpassung an die Realitäten, der Organisation, der Verdrängung und der Negation.
Das Wesen des egosystolischen Faktors k ist also die bejahende, bzw. verneinende Stellungnahme. Seine Funktion wird am besten erkennbar in den zwei entgegengesetzten Ich-Funktionen: in der Einverleibung = Introjektion (+k) und in Verneinung = Negation(-k).
Introjektion k+
ist das urtümliche und unbewusste Elementarstreben des Ichs nach Inbesitznahme, Einverleibung und Kapitalisierung der Wertobjekte, Wertvorstellungen und aller Wertinhalte der äusseren und inneren Welt. Das unbewusste Endziel jeglicher Introjektion ist: die Kapitalisierung, d.h. das urmenschliche Jasagen zum Drang des Alles-Habens. In krankhafter Form erscheint dieses Streben nach Alles-Haben bei dem magischen Halbwahn oder Allwissen gewisser autistischer Schizophrener (Fälle in der «Ich-Analyse» S. 441-442).
Das Streben des Ichs
- nach materieller Habe und materiellen Gütern,
- nach Eigentum,
- nach fachlichem Wissen und technischem Können,
- nach materieller Eigenliebe,
- Nach Einbeziehen und Einverleiben äusserer Interessen,
die Angleichung des Objekts an das Subjekt, der Drang, die verlorenen Liebesobjekte in psychisch – wie ein Kannibal (S. Freud) – dem Ich einzuverleiben. Die Urtendenz des Menschen, die misslungenen Seinsideale in materielle Habideale umzuwandeln und – last but not least – das Streben des Ichs, seine Selbsterhaltung und materielle Eigenliebe durch Kapitalanlegen zu sichern – all diese mächtigen und urmenschlichen Strebungen bewirkt die positive Tendenz +k durch Introjektion.
Nichts gibt es im Aufbau der Wahrnehmungswelt, an äusseren und inneren Weltbildungen überhaupt,
- an Aufrichten von Besitz- und Habidealen im Ich,
- an Anlegen von Kapital, an Egoismus, Egozentrismus,
- an materiellem Narzissmus
- und Autismus,
- an Identifizierungen im Haben mit den Mitmenschen und mit den Habobjekten selbst,
- an Aufbau der Berufs- und Amtspersönlichkeit, der Persona (C.G. Jung) und
- Charakterbildung
- an seelischen Reaktions- und Symptombildungen im kranken Ich,
nichts ohne die Elementarfunktion der Introjektion, der Tendenz +k, der Egodiastole.
Die Introjektion ist die Brücke des Ichs zur Wahrnehmung der äusseren und inneren Welt. Bricht sie zusammen, so entsteht das Grauen der Entfremdung von der Welt und von sich selber.
Negation k-
Die negative Funktion des Ich-Triebfaktors k erscheint als die Verneinung, die Negation (-k). Sie bedeutet im Allgemeinen das «Neinsagen».
Negation ist das teils unbewusste, teils bewusste Elementarstreben des Ichs nach
- Vermeiden, Verneinen, Hemmen, Entfremden
- Verdrängen bestimmter Triebansprüche, Vorstellungen und Ideale, welche die Selbsterhaltung der Person bedrohen.
Die extremste Form der Negation heisst: Negativismus und ichhafte Destruktion.
Das Streben des Ichs, verpönte Triebregungen der Es-Welt zu vermeiden, zu verneinen und sich durch die erzwungene Negierung an die Anforderungen der Umwelt, Moral, des Über-Ichs anzupassen,
- der Drang im Menschen, seine Besessenheit von Liebe und Seinsidealen, von Grosssein und Allessein zu hemmen,
- die natürliche Tendenz des Mannes seine Weiblichkeit, und die der Frau, ihre Männlichkeit zu verdrängen,
- die Tendenz aller Menschen die grauliche Verlassenheit zu verneinen oder zu entfremden,
- der Zwang, jegliches Gefühl von Inzestliebe und Inzesthass zu verdrängen und sich allen gesellschaftlichen Tabus enttäuscht anzupassen,
dieses sozialisierende und gemeinschaftssichernde reale Streben des Ichs wird von der negativ wirkenden egosystolischen Funktion -k bestimmt.
(Die Egosystole ist diejenige ergänzende [komplementäre] Gegenfunktion des Ichs gegenüber der Egodiastole, welche eben durch Einengung die Einheit und somit die Gesundheit des Ichs sichert. (Szondi, Triebdiagnostik, S.132)
Nichts gibt es an Anpassung, Hemmung, Entfremdung, Verdrängung bei dem gesunden und dem neurotischen Menschen und nichts gibt es an Negativismus, Verzweiflung, Destruktion und Selbstdestruktion bei den Geisteskranken ohne die Negationsfunktion des Faktors k.» (L. Szondi, Triebdiagnostik, S. 130f.)