Affekte

Affekte

Ein weiterer Fehler der Traumdeutungen  vor allem bei den traumatischen Neurosen – ist, dass man neben dern verborgenen Triebstrebungen den krankmachenden Affektstörungen zu wenig Beachtung schenkt. Dieser Fehler stammt daher, dass man die Affekte als quasi Suffixe der Triebe oder – wie P. Federn es glaubt – als eine Ich-Funktion auffasst. (…) Für den Schicksalsanalytiker sind Affektbewegungen eigenaständige, oft von den Sexualtrieben völlig  unabhängige, seelische Vorgänge – auch wenn wir selbstverständlich wissen, dass die Affekte die Sexualtriebe – quasi als Musik – begleiten. Aber Affekte begleiten nicht nur die Sexualtriebe, sondern auch die Ich-Vorgänge, die Kontakt- und Denkprozesse, kurz alles, was sich in der Seele abspielt. Und noch mehr: es gibt eine selbständige Gruppe der Affektneurosen und Affektpsychosen, zu der die Schicksalsanalyse alle Variationen der epileptiformen und hysteriformen Erkrankungen zählt. Diese folgen einem selbständigen Erbgang und erzeugen somit eine selbständige klinische Symptomatik. Man muss deshalb in der Behandlung unabhängig von der Ich- und Trieb-Analyse auch eine Affekt-Analyse durchführen.

Dies zu unterlassen ist u.E. ein schwerer, oft tragischer Kunstfehler, und zwar darum, weil diese autonomen Affektbewegungen, die man in der Psychoanalyse fälschlicherweise als „Ich-Abwehr“ erachtet, tiefgreifende sekundäre Ich-Veränderungen hervorzurufen vermögen, die man nur dadurch wegschaffen kann, dass man die primäre Affektkrankheit heilt. (L. Szondi, Schicksalsanalytische Therapie, S. 131)